Über das BOW-Projekt Casa de los Niños im bolivianischen Cochabamba berichtet der „Sauerlandkurier“ in seiner Ausgabe vom 18. Januar:

Die Zeit. Sie rennt nicht nur vielen Deutschen davon, fliegt nur so, sondern auch Kindern und Jugendlichen im bolivianischen Heim „Casa de los Niños“ (Haus der Kinder). Sie möchten die Zeit festhalten, wünschen sich, sie sorgenfrei nutzen zu können, doch das wird ihnen oft verwehrt. Einige von ihnen sind schwer erkrankt.

Ihnen und ihrer Familie fehlte es an finanziellen Mitteln für die notwendige Versorgung und medikamentöse Behandlung, vonseiten der Regierung können sie keine Hilfe erwarten. Also kamen sie hierher, an einen geschützen Ort in Cochabamba, zu Aristides und seinem Team. Im „Casa de los Niños“ kümmern sich Aristides und sein Team um kranke Kinder, Jugendliche und ihre Angehörigen. Bei ihnen bekommen sie medizinische Versorgung und haben die Möglichkeit zur Schule zu gehen.

Und, eine besonders kräftezehrende, aber lohnende Aufgabe: Für die schwer erkrankten Kinder und Jugendlichen bieten die Helfer eine Begleitung ähnlich wie in einem Kinderhospiz an. Einige Kinder erhalten die Möglichkeit, die letzten Momente ihres Lebens mit ihrer Familie zu verbringen. Bei besonders schweren Erkrankungen werden Krankenhausaufenthalte ermöglicht, manche in Argentinien und Brasilien. Genehmigungen müssen eingeholt werden, die Prozesse dauern. Die Zeit rennt. Aristides und sein Team versuchen, allen Widrigkeiten in Bolivien zu trotzen: der fehlenden Unterstützung seitens der Regierung, gravierenden sozialen Missständen, der Armut, nicht zuletzt den Unruhen, die seit dem Tag der Präsidentschaftswahlen das Land beherrschten.

Inmitten der Unruhen: Aristides und die Kinder

Protestbewegungen, Kämpfe zwischen militärischen und zivilen Gruppierungen führen zu vielen Toten in Bolivien. Evo Morales tritt als Präsident zurück, viele gehen von einem Wahlbetrug aus, Morales selbst spricht von einem Putsch. Er flieht ins Exil nach Mexiko, später nach Argentinien. Bei den Neuwahlen 2020 will er seiner Partei „Movimiento al Socialismo“ (Bewegung zum Sozialismus) als Unterstützung dienen. Inmitten der Unruhen: Aristides und die Kinder. Der Alltag geht weiter. Trotz Blockaden und Generalstreiks, Versorgungsengpässen, Lebensmittelknappheit, gestiegener Preise.

Finanziert wird das „Casa de los Niños“, die Arbeit von Aristides und seinem Team, von Spendengeldern, unter anderem aus Deutschland. Julian Mönxelhaus, Mitglied des Vereins Building One World aus Hallenberg, der schon seit Jahren das „Casa de los Niños“ mit Spenden unterstützt, war vor Ort und pflegt wie berichtet seit 2017 den Kontakt zu Aristides und seinem Team. Er erzählt: „Erst vor Kurzem erreicht mich eine Videobotschaft von Aristides. In dem einminütigen Video ist Thiago zu erkennen, ein kleiner Junge, der wackelig seine ersten Schritte läuft. In seinem Gesicht erkennt man ein strahlendes Lächeln. Eine Herzoperation in Argentinien rettete sein junges Leben, finanziert auch mithilfe des BOW.“ 33 Kinder konnten im vergangenen Jahr im Ausland behandelt werden, viele von ihnen mit Herzproblemen oder Krebserkrankungen.

„Mama, können wir unsere Kühe verkaufen? Ich möchte leben.“

Anderen Kindern und Jugendlichen, derzeit leben fast 300 im Heim, dazu kommen die Angehörigen, konnte Aristides nicht helfen. Nachdem die Leukämie ihm intensiv zusetzte, kämpfte der zehnjährige Brayan (Titelfoto) 75 Tage in einem Krankenhaus um sein Leben. Im Februar 2018 wurde bei ihm Blutkrebs diagnostiziert. Im vergangenen Jahr gab es keine andere Möglichkeit, als stationär in einem Krankenhaus aufgenommen zu werden, unter ständiger Beobachtung von medizinischem Personal. Seine Mutter fragt er: „Mama, können wir unsere Kühe verkaufen? Ich möchte leben“, woraufhin seine Mutter alle Kühe verkauft, um zu den hohen Kosten beizutragen. „Am 7. August 2019 erreichte uns dann die traurige Nachricht, dass Brayan um 7.20 Uhr am Morgen in seinem Krankenhausbett für immer seine Augen geschlossen hat. Er hat den Kampf gegen die Krankheit verloren“, sagt Julian Mönxelhaus bewegt. „’Brayan war ein mutiger Junge, der einen starken Lebenswillen hatte. Wir sind alle sehr traurig. Wie ihm, so geht es vielen Kindern’, erzählte mir Aristides.“ Kindern, denen die Zeit fehlt, um ihr Leben zu leben.

BOW unterstützt Aristides weiter

Durch den engen Kontakt von Aristides und Julian Mönxelhaus können dringende Bedarfe der Kinder und Jugendlichen auf kurzem Wege kommuniziert werden. So konnten auch 2019 wichtige Spendengelder aus Deutschland in die medizinische Versorgung gehen. Diese Versorgung nehme einen Großteil des Bedarfs der Finanzierung vor Ort ein und wachse stetig. Julian Mönxelhaus: „Neben der Versorgung mit teuren Medikamenten und kostenpflichtigen Krankenhausaufenthalten wird mit den Geldern gerade ein neues Gebäude mitfinanziert, welches sechs bis acht Wohnungen beinhaltet.“

Diese Übergangswohnungen sollen den besonders schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen einen privaten Ort bieten, an dem sie mit ihren Familienangehörigen zusammen sein können und dabei die wichtige Begleitung von Aristides und seinem Team erfahren. Wie alle Menschen in Bolivien hofft Aristides, dass die angesetzten Neuwahlen dieses Jahr friedlich verlaufen werden und keine neuen Unruhen bringen, berichtet Mönxelhaus.

Es sei zwar ungewiss, was die politische Zukunft Boliviens bringen wird. Gewiss sei jedoch, dass BOW die so notwendige Arbeit von Aristides und seinem Team weiterhin unterstützen wird – und so versucht, den Kindern die Zeit zu verschaffen, die sie alle verdienen.

Wie geht’s weiter?

– Notwendige Untersuchungen für von Leukämie betroffene Kinder und Jugendliche sollen vermehrt finanziert werden, damit sie möglicherweise einer Knochenmarkspende der DKMS zugeführt werden können. In Bolivien besteht die Möglichkeit einer Stammzellentransplantation nicht, dafür müssen Kinder und Jugendliche beispielsweise nach Argentinien gebracht werden. Dort arbeitet die DKMS mit einigen Krankenhäusern zusammen.

Informationen für Spender, die das Projekt in Bolivien unterstützen möchten, gibt es hier.

Quelle: https://www.sauerlandkurier.de/hochsauerlandkreis/hallenberg/zeit-rennt-kinderheim-casa-nios-hallenberger-verein-leistet-unterstuetzung-13448161.html

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