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Der 36-jährige Babrak aus der Nähe von Kabul in Afghanistan musste vor drei Jahren seine vier kleinen Kinder  im Alter zwischen 3 – 6 Jahren sowie seine Frau Hals über Kopf verlassen, um seinem sicheren Tod zu entgehen.

Was er verbrochen hat?

Sein Onkel war Inhaber einer Spedition, die Liefer- Verträge mit amerikanischen Militär-Stationen hatte. Babrak arbeitete als LKW-Fahrer bei seinem Onkel und fuhr die LKWs zu den Basis-Stationen. Das zählt bei den Taliban schon als Kollaboration mit dem Feind und wird mit dem Tod bestraft. Sein Onkel hat es noch geschafft, Babrak über einen Agenten für 15.000 US-Dollar aus Afghanistan heraus zu schleusen. Dann  wurde er selber erschossen. Babrak gelang es, sich über vier Monate hinweg erst in den Iran und dann in die Türkei durchzuschlagen. Bei einer Überfahrt mit einem Gummiboot nach Griechenland ist er von Polizisten so brutal zusammengeschlagen worden, dass er mehrere Zähne und zudem noch sämtliche Papiere und Familienfotos verlor.

Seine beschwerliche Flucht ging weiter über Italien und Frankreich nach Belgien, wo er zum ersten Mal überhaupt in Europa per Handabdruck registriert wurde  – Papiere hatte er ja nicht mehr. Belgien wollte ihn wieder nach Afghanistan abschieben, wo ihm der sichere Tod droht, deshalb floh Babrak in die Schweiz. Aber auch da sollte er ausgeliefert werden. Über viele Umwege und nach fast drei Jahren Flucht ist er im Mai 2013  in Hallenberg angekommen.

Babrak wohnt nun in einem Container zusammen mit drei weiteren Asylbewerbern aus Guinea, Eritrea und Pakistan, die ihn liebevoll „Mama“ nennen, weil er für sie kocht, alles in Ordnung hält und auch dolmetscht. Er hat sich schon recht gute deutsche Sprachkenntnisse angeeignet hat und spricht mittlerweile acht Sprachen. Seine Geschichte hat er auch größtenteils auf deutsch erzählt.

Wer den freundlichen und aufgeschlossenen Babrak trifft, kann sich kaum vorstellen, was dieser liebenswerte Mensch bereits alles erleben musste und welche Sorgen er immer noch hat. Er vermisst seine Frau Palwsha (28) und seine vier Kinder sehr. Seine zweite Tochter Osna konnte früher immer nur auf seinem Arm einschlafen und hat jeden Abend auf ihn gewartet, bis er von der Arbeit nach Hause kam. Wer begleitet sie jetzt in den Schlaf? Babrak hat noch nicht einmal ein neueres Foto von seiner Familie, weil seine Schwiegermutter versucht, jeglichen Kontakt zu unterbinden. Sie wimmelt seine Anrufe ab und hat seiner Frau stattdessen erzählt, dass Babrak nun in Deutschland viel Geld und ein großes Haus habe und nichts mehr mit seiner Familie zu tun haben wolle.

Diese Unterstellungen wird Babrak seiner Frau nie mehr erklären können: Sie ist am 8. März 2014 an Krebs gestorben. Und ob er jemals seine Kinder wiedersehen kann, ist mehr als ungewiss.

Aber so langsam geht es nun endlich wieder bergauf. Babrak hat ein endgültiges Bleiberecht sowie eine Arbeitserlaubnis bekommen, nette Leute kennen gelernt und sogar eine Arbeitsstelle gefunden, auf die er sich nach dem langen, erzwungenen Nichtstun sehr freut. Die Sonne scheint somit endlich auch wieder für Babrak.

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